Freitag, 26. November 2010

Todesarten



Nachdem ich heute morgen sehr pathetisch über das Leben nachgedacht habe, habe ich einen Tag hinter mir, der mit Gesprächen über den Tod endete. Das hatte sich eigentlich schon die vergangenen Tage angekündigt, denn mal ging es um den Sohn von Eric Clapton, der aus dem 53. Stock fiel, mal um einen Betrunkenen auf Mallorca, der aus dem fünften Stock in ein Matratzenliegen-Lager fiel, welches zusammenkrachte. Er aber stand einfach auf und ging fort, als ob nichts passiert wäre. Der Hotelbesitzer rannte natürlich hinter ihm her, denn es war ein Schaden von 5.00o Euro entstanden. Auch in der Harp Bar, die ich schon erwähnte, ist der Tod anwesend. Einige Gäste dort sind irische Kriminelle - und einige haben nach ihrem Urlaub nicht mehr lange gelebt, sie wurden direkt am Flughafen von Dublin erschossen. Einer hängt als gerahmtes Foto an der Wand im Pub. Interessant und nicht gerade todesfürchtig ist die irische Gypsy-Family, die von illegalen Kämpfen lebt. Ihr Chef, Martin, lässt sich ungern von der Seite anquatschen. Doch das passiert nunmal in einem Pub. Als einmal ein betrunkener Norweger sich freundlich mit ihm unterhalten wollte, deutete er mit dem Finger auf ihn und wies dann mit dem Finger zur Tür. Der Norweger verstand und verschwand.

Ein Betrunkener ist sofort nüchtern, wenn die canarische Polizei ihm mit der Peitsche ein paar Hiebe gibt, wird erzählt. Das wurde beobachtet, ich finde es krass.

Die weiteren Todesgespräche hat heute der tote Bischof ausgelöst, der seit 150 Jahren mumifiziert in seinem Ornat in der Kathedrale von Las Palmas in einer Seitenkapelle in einer Vitrine liegt. Daneben wartet eine Box aus Metall aus dem Jahr 1901 mit einem Schlitz auf Geldgeber, die ihre eigene Seele retten wollen. Auf dem Glas liegen Flyer, die die Situation des Bischofs anhand eines Gemäldes und eines unverständlichen spanischen Textes zu erklären versuchen und eine Liste der Spender bereithalten, etwa 10, durchnummeriert, die meisten Anonymo. Es war ihnen 15 Euro bis 200 Euro wert, dass der Bischof seine Heiligsprechung erreicht. Ich war mit Schotten unterwegs, dem Freund meiner Gastgeberin und dessen Bruder, die sich durch einen ganz speziellen Humor auszeichnen, der sich schon in der Sammlung der Kirchenschätze bemerkbar machte. Dazu bald - mit jeweiligen Bildern.

Nach dem Abendessen mit Sama und Langusten tauchten so einige Todes-Geschichten auf.

Die erste spielt vor mehr als 40 Jahren, irgendwo in Schottland. Ein Teenager soll bei der Beerdigung eines Drogendealers, so alt wie er selbst, Orgel spielen. Während er einen Choral vor sich hinklimpert, wird der Sarg hineingetragen. Mit Ghettoblaster obendrauf: "Jamming, jamming, jamming in the name of the lord." (Bob Marley)

Der erste tote Mensch, den er gesehen hat, war eine alte Frau. Das, was er noch in Erinnerung hat, ist ihr so kleiner Kopf. In Irland ist es Brauch, dass das gesamte Dorf sich von Toten verabschiedet. Als musste auch er, als 8-Jähriger zu der aufgebahrten Leiche, die nicht lag, sondern im Bett saß. Mit einem sehr kleinen Kopf und riesigen, vor der Brust gefalteten Händen.

Alle am Tisch möchten verbrannt werden. Ist auch egal, ob der Kremator in die Asche geascht hat. Oder ob die Asche mit den Aschen von anderen gemischt ist. Ist dann eh egal.

Bestattungsrituale: Pantheon (mit Urnen oder mit Särgen, einige sogar stehend), Erdbestattung im Grab, Urnenbestattung im Grab, Seebestattung (auf die Windrichtung achten, sonst haben die Gäste die Asche in den Ohren und Augen). Auf Mallorca werden Gräber geräumt, wenn man nach ein paar Jahren nicht mehr dafür zahlt und die Überreste kommen in ein Massengrab.

Saint Bernadette, die Heilige, die nicht verweste.
Der Bleikeller in Bremen mit durch den alle Feuchtigkeit aufsaugenden Sandhügel, auf dem die Stadt gebaut ist, mumifizierten Leichen.
Madagaskar: Die Toten werden einmal im Jahr aus dem Grab geholt und an ihre Lieblingsplätze gebracht.

Der tote Bischof trägt sicherlich einen Tanga. Manchmal kommt er raus und hört sich die schlechte Pianomusik an, die im Hotel Baobab (Hotel Bao-bad) läuft, in Meloneros, einem der teuersten Hotels hier, das afrikanische Atmosphäre verbreiten will, mit Zebrastofftieren, Bambusstühlen und Holzflamingos in flachen Gewässern. Die Musik dort läuft von einem Keyboard, davor ein Mann, der auch schon fast tot ist und ein paar Tasten drückt, zum Schein. Strangers in the night. Der Bischof wird am Stuhl festgebunden, aber er sackt in sich zusammen, schläft ein...

Weisheiten des Tages:
Es gibt für alles im Leben eine Lösung nur nicht für den Tod. / Hay una solucion para todo a pesar la muerte.
Im Sand verrottest du nicht. / You don't rot in sand.
Du kannst nicht überall gleichzeitig sein, du bist nicht Gott. / No puedes estar en todos los lugares en mismo tiempo, no estas dios.

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